Eurocamp 2024 in Veresegyház, Ungarn
Endlich war es soweit. 2020 musste pandemiebedingt das geplante Eurocamp in der Schweiz abgesagt werden, aber dieses Mal konnte uns nichts stoppen. Mit gepackten Taschen ließen wir uns abends am 27. Juli gemeinsam mit Rangers aus Aschaffenburg und Kitzingen von einem bequemen Bus abholen. Jede Ecke wurde mit unserem Gepäck gestopft und wir freuten uns über unsere Helden Rainer, Helga und Jonny, die sich schon mit unseren Zelten und Töpfen im Anhänger auf den Weg gemacht hatten. Vor uns lagen 900 km und eine Woche Campleben. Unsere warme Dusche würden wir erst am 03. August wiedersehen.
Nach einer mehr oder weniger bequemen Nacht kamen wir alle wohlbehalten in Veresegyház, Ungarn an und machten uns gleich an den Aufbau. Motiviert von der Vorstellung, bei 35 Grad im Schatten essen zu können, stellten wir unsere 6 Jurten schnell auf. Nach dem guten Essen bereiteten wir uns auf die Abendveranstaltung vor und machten uns fertig für die große 30-jährige Geburtstagsfeier der ungarischen Royal Rangers! Mit unseren ungarischen Geschwistern durften wir zu verschiedenen musikalischen Stiles Party machen. Müde von der Reise und dem Feiern krochen wir in unsere Schlafsäcke und merkten, was für ein Luxus es ist, in einer Jurte zu schlafen – statt in einem Bus.
Aber warum sind wir nach Veresegyház gereist? Warum nimmt man die lange Fahrt auf sich, investiert eine Woche Urlaub oder Ferien mit Zeltaufbau bei 35 Grad, packt sein Taschengeld ein und kauft vielleicht das eine oder andere noch ein, um genügend Ausrüstung zu haben? Sind wir nur angereist, um mit den Ungarn ihr Jubiläum zu feiern? Nein, das Hauptziel war Begegnungen miteinander über die Ländergrenzen zu schaffen. Wie konnten wir das erleben? Unser großes Camp war in 24 Dörfer eingeteilt und hier wurden im Laufe der Woche verschiedenste Aktionen angeboten. Bei dem Kulturtag konnten wir landestypische Gebräuche kennenlernen, wie Tänze u.v.m, es gab ein Volleyball- und Fußballturnier mit Teams aus den verschiedenen Dörfern, an zwei Tage gab es Seminaren und Workshops, bei denen wir Kreatives gestalten konnten und Neues lernten, wie z.B. Messerschleifen u.ä. Wer sich körperlich testen wollte, konnte bei sonnigem Wetter und 33 Grad an dem Parkcourlauf Crazy5k teilnehmen. Unsere Grenzen konnten wir auch spielerisch am Challenge Day erleben, wo jedes Dorf verschiedene Spiele und Herausforderungen gestaltete.
Für den Gaumen wurden abends Cafés geöffnet mit der Möglichkeit, landestypische Speisen zu probieren, wie Pfannkuchen mit salziger Lakritzsoße, Käsefondue, ungarische Lagos, Käsespätzle, serbische Knödel, Crêpes, Kaiserschmarrn mit Apfelmus, Weißwurst mit süßem Senf, Pancakes und vieles mehr.
Insgesamt lässt sich sagen, dass vor allem Teamgeist und Einheit vorherrschend waren, denn obwohl wir unterschiedliche Sprachen sprachen, hat jeder mit angepackt. Ob bei der Essensausgabe, bei einem Wach-Dienst, beim spontanen Klopapier-auffüllen oder spontan lokalen Arbeitern beim Verlegen von Paletten zu helfen, um die Wasserstellen zugänglich zu halten – auch wenn der größte Teil davon mit Zeichensprache kommuniziert wurde, da unser Ungarisch leider noch sehr ausbaufähig ist. Jeder hat irgendwo mit angepackt, so neue Bekanntschaften und auch Freundschaften geschlossen und einfach in einem großen Team die Aufgaben gemeinsam bewältigt.
Eingeprägt haben sich die großen Abendveranstaltungen, an denen wir alle gemeinsam teilnahmen. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn 7000 Royal Rangers gemeinsam singen, gespannt den Abend-Andachten, zweisprachig auf deutsch und englisch, zuhören und gemeinsam für eine Laola-Welle aufspringen. Obwohl wir teilweise unterschiedlich farbige Kluften tragen, von den Halstuchfarben gar nicht erst anzufangen, war klar, dass wir dasselbe Ziel vor Augen hatten. Hier standen wir, aus 23 verschiedene Nationen, in 23 verschiedene Sprachen und hatten alle den Blick auf dasselbe Ziel gerichtet. Das Kreuz!
Hat sich die Woche gelohnt? War es das Geld wert, die investierte Zeit, der mangelnde Schlaf, der Staub? Ja es hat sich gelohnt! Denn wenn Menschen aus verschiedenen Kulturen und Sprachen zusammenkommen, werden Vorurteile und Ängste abgebaut. Wenn wir uns trauen aufeinander zuzugehen und einander zuzuhören, erweitert es unseren Horizont. Ich durfte Teens aus Rumänien begegnen, die mir von ihren Problemen mit der Korruption und die daraus resultierenden schlechten Straßen erzählten. Wie erstaunt sie schauten, als ich ihnen erzählte, dass wir in Deutschland so gut wie keine Korruption haben, dafür aber unzählige Gesetze. Ich bin 12-Jährigen aus Serbien begegnen, die sich schon in 4 Sprachen mit mir unterhalten konnten. Nicht zu vergessen die polnischen Jungs, die mir von ihren Stammtreffs erzählten oder die Begegnung mit den finnischen Mädchen, die mir ihre leckere salzige Lakritze zum Probieren anboten und die Erzählung der Schweden, welche Hürden sie auf sich nahmen, um von Nordschweden ihre Zelte mit dem Flug zu transportieren. Viele Begegnungen konnten stattfinden, aber bei jeder musste ich mich entscheiden: Mache ich mich auf und lasse Kontakt zu oder lehne ich sie ab. Diese Entscheidung kann ich auch hier in Würzburg treffen und Begegnungen zulassen, die Vorurteile abbauen. Im großen Rahmen darf ich es in vier Jahren wieder erleben. Dann sehen wir uns in Spanien!
Bis dann – hasta la vista!
Eleonor Göbel